Im November hatten wir die Möglichkeit mit Ellen Bettridge, Präsidentin und CEO von UNIWORLD, zu sprechen. In unserem Gespräch erzählt sie über die Vorzüge von Flusskreuzfahrten, ihre Gäste, die Herausforderungen mit Corona sowie die Zukunft von UNIWORLD - auch in Bezug auf den deutschen Markt.
Du hast wirklich jede Menge Erfahrung in der Kreuzfahrt-Branche. Zwei Jahre bei Silversea, etwas mehr als zwei Jahre bei Azamara und, wie Du sagtest, fast sechs Jahre bei UNIWORLD. Warst Du schon immer so fasziniert von der Kreuzfahrt-Branche?
Ellen Bettridge: Nein, war ich tatsächlich nicht. [...] Ich habe für 23 Jahre bei American Express gearbeitet und war dort zuständig für das Retail Travel Geschäft in den USA. Die Kreuzfahrt war hier nur ein kleiner Teil unseres Geschäfts. Und als ich auf der ILTM gesprochen habe, eine große Messe jedes Jahr in Cannes, kam der Inhaber von Silversea auf mich zu und hat gefragt, ob ich denn nicht Interesse hätte für Silversea zu arbeiten. So bin ich da irgendwie reingerutscht.
Warum Flusskreuzfahrten? Inwiefern unterscheiden sich Fluss- und Hochseekreuzfahrten aus deiner Sicht, insbesondere mit einem Blick auf das Produkt von UNIWORLD?
EB: Hochsee und Fluss unterscheiden sich sehr. Flusskreuzfahrten machen die kleinen Schiffe aus, mit denen man direkt in die kleinen Destinationen kommt, wo man mit einem Hochseeschiff so niemals hinkommt. [...] Man bringt die Leute in eine Zeit zurück, vor allem in Europa, wo jeder über die verschiedenen Wasserstraßen gereist ist und die kleinen Orte entdeckt hat. [...] Aber Hochsee-Kreuzfahrer mögen natürlich dennoch die Idee, nur ein Mal den Koffer auszupacken, die Einfachheit und das All Inclusive. Aber bei Flusskreuzfahrten, da sind die Schiffe einfach kleiner. Es ist übersichtlicher, es ist intimer, es entstehen viele Bekanntschaften. Die Leute haben zueinander eine gute Verbindung.
Ellen Bettridge
Ellen Bettridge ist Präsidentin und CEO der UNIWORLD Boutique River Cruise Collection. Hier ist sie zuständig für alle möglichen Geschäftsbereiche der Reederei, wie etwa Operations, Produktentwicklung, Gästezufriedenheit und mehr. In dieser Position ist sie nun seit sechs Jahren tätig, nachdem Sie zuvor in Top-Positionen bei den Kreuzfahrt-Marken Silversea und Azamara beschäftigt war.
Ist das der Punkt, der Eure Gäste am meisten überzeugt?
EB: Ich glaube, dass bei UNIWORLD vor allem das All Inclusive überzeugt. Unsere Gäste lieben das Gesamtpaket aus Luxus, wobei es zeitgleich auch der authentische Service, die Qualität der Speisen ist. Und die Gäste kommen immer und immer wieder. [...] Wir haben einen Gast, Frau Ming, und sie wird nächstes Jahr auf die 50. Kreuzfahrt mit uns gehen.
Sehr beeindruckend! Aber generell: Hattet ihr Probleme, die Gäste während und nach der Pandemie wieder zurück an Bord zu holen?
EB: Nein, hatten wir überhaupt nicht. Das ist eigentlich ziemlich interessant. [...] Unsere Gäste konnten es kaum mehr erwarten, endlich wieder zu reisen und [...] wir sehen nun den Trend, dass die Leute längere Reisen haben möchten, die Suiten waren sehr schnell ausgebucht, die Leute geben mehr Geld für sich aus und sie nutzen ihre Zeit zum Reisen [...]. Sie gehen nach Ägypten, nach Vietnam. Unsere Gäste machen die Reisen, die ich irgendwann auch machen will, aber sie machen sie jetzt.
Ellen Bettridge
Hat Euch die Pandemie vor wirkliche Herausforderungen gestellt? Eure Schiffe mussten für eine ziemlich lange Zeit in den Häfen liegen bleiben, mehr als ein Jahr. War es schwierig die Corona-Maßnahmen im Bordleben einzubauen? Was haben die Gäste dazu gesagt?
EB: Die Corona-Maßnahmen einzubauen, war gar nicht so schwierig. Es war wirklich eine Team-Leistung. Ich bin mit meinem Team zusammengekommen, wir haben darüber gesprochen, was wir tun können, um unsere Crew und unsere Gäste zu schützen. Wir haben ein paar Dinge ausprobiert und etwas anderes wieder zurückgenommen. Wir sind aber nun an einem Punkt, wo ich glaube, dass Covid hoffentlich hinter uns liegt. Unsere Crew trägt zwar weiterhin Masken, aber das ist, um sie zu schützen. Wir wollen unsere Crew-Mitglieder nicht krank sehen und sicherstellen, dass sie gesund sind.
Die UNIWORLD Boutique River Cruise Collection ist eine US-amerikanische Reederei und Veranstalter für Flusskreuzfahrten auf Luxus-Niveau. Die 21 verschiedenen Flussschiffe zeichnen sich durch ihren besonderen Boutique-Stil aus, der auf jedem Schiff anders und passend zum Fahrtgebiet gewählt ist. Seit dem Jahr 2020, versucht sich UNIWORLD auch auf den Märkten in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu etablieren.
Ellen Bettridge
Musstet Ihr in dem Zusammenhang Kompromisse in Bezug auf das Produkt eingehen? Musstet Ihr etwas aufgeben?
EB: Nein, mussten wir nicht. Wir sind da sehr ,,gesegnet’’. UNIWORLD ist seit 27 Jahren auf dem Markt. Wir sind mit unseren Partnern also sehr gut aufgestellt, wir haben großes Glück.
Es muss sich also sehr gut angefühlt haben, im letzten Jahr drei Schiffe zu taufen: Die La Venezia, die São Gabriel, die Sphinx.
EB: Oh ja. Ich hatte das Vergnügen an allen drei Taufen teilnehmen zu können und es war toll. Die Leute dachten ich sei einwenig verrückt, weil ich im letzten Jahr ständig unterwegs war. Aber um ehrlich zu sein, ich bin nie krank geworden und war glücklich, wieder unterwegs zu sein und den Leuten zeigen zu können, dass es in Ordnung ist, zu reisen. Ich glaube das hat uns auch geholfen, weil wir den Leuten gezeigt haben, dass wir da sind.
Sind denn alle Schiffe wieder zurück im Dienst?
EB: Ja, alle unsere Schiffe fahren wieder.
Was ist mit den U RIVER Schiffen? Kommen die auch zurück an den Markt?
EB: Wir haben gesehen, dass der Luxus-Markt zuerst zurückkommt und deswegen war das auch erstmal unser Fokus. Unser Fokus liegt jetzt erstmal bei unserem Luxus-Produkt und dabei, es wieder auf das Niveau von 2019 zu bringen. Wir hatten ein wirklich gutes Jahr, aber es war nicht so wie 2019. Aber ich denke da kommen wir im nächsten Jahr [2023] hin.
Wenn wir auf den deutschen Markt schauen, bist Du der Meinung, dass UNIWORLD sich hier etablieren konnte?
EB: Ich denke das braucht Zeit. Tina und ich haben uns das erste Mal 2020 getroffen, unser Timing war [in der Pandemie] also nicht perfekt. Aber wir haben beide gesagt ,,UNIWORLD, wir wollen das machen’’. Ich glaube da ist Platz für und ich sehe den Luxus-Markt hier, ebenso wie Gäste, die das wertschätzen. Und ich glaube mit einigen unserer Reisen in Italien oder Frankreich, weg von den Flüssen im ,,Hinterhof’’, [können wir überzeugen]. Man kann nach Vietnam, nach Indien, das ist eine tolle Art und Weise diese Länder kennenzulernen.
Ellen Bettridge
Tina Kirfel und Bettina Zwickler sind die Köpfe hinter UNIWORLD in Deutschland, Österreich und Schweiz. Während Kirfels Agentur KITICON Global Networks die Marketing- und PR-Arbeit für den Luxusveranstalter übernimmt, ist Zwicklers Reisebüro Passage Kontor als Generalagentur für den Verkauf der Luxusreisen zuständig. Gemeinsam tragen sie UNIWORLD schrittweise in die DACH-Märkte.
Will UNIWORLD seine Schiffe in Zukunft mehr dem europäischen bzw. deutschen Markt anpassen oder ist es das internationale Produkt, das auch die deutschen Gäste überzeugt?
EB: Es bleibt der internationale Markt. Wir behalten Englisch als unserer Bordsprache. Wir haben Gäste aus der ganzen Welt. Aus Asien, aus Südamerika, aus Großbritannien, Australien, Neuseeland. Sie kommen ohnehin schon von überall.
Wie sieht die Zukunft von UNIWORLD aus? Können wir neue Schiffe erwarten, neue Fahrtgebiete?
EB: Wir haben über viele Dinge gesprochen. Wir haben uns zum Beispiel den Magdalena River in Kolumbien angeschaut. Die Infrastruktur ist dort im Moment noch nicht ausreichend [ausgebaut], aber das könnte etwas für die Zukunft sein. Wir hören nie auf, neue Dinge an den Markt zu bringen, wir werden neues ausprobieren. Das ist vielleicht nicht immer nur ein neues Schiff, sondern auch neue Arten von Ausflügen, neue Arten von Reisen, zusammengeführt mit der Flusskreuzfahrt.
Ellen Bettridge
Das Interview wurde geführt von Philipp Muszak am 15.11.2022.
Fotos Ellen Bettridge von © Tom Kohler für KITICON Global Networks
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